Handlungsempfehlungen: Parteien und Bewegungen

Aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus mit dem Titel “ Perspektivwechsel. Nachholende Gerechtigkeit. Partizipation.“ Beauftragt durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

• allen demokratischen Parteien, Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sintials eigenständiges Phänomen anzuerkennen, den besonderen Schutz und die Förderung der Communitys in ihre politischen Programme aufzunehmen und sich dafür einzusetzen.

• die Bildung einer Parlamentarier_ innengruppe im Deutschen Bundestag zur fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit zu Antiziganismus/ Rassismus gegen Roma und Sinti. Hierzu sind Vertreter_innen der unterschiedlichen Selbstorganisationen der Roma und Sintianzuhören. In regelmäßigen Abständen ist ein Bericht über die Arbeit der Parlamentarier_ innengruppe zu veröffentlichen.

• die Intensivierung des Austauschs mit Selbstorganisationen der Roma und Sinti. Es ist darauf zu achten, dass die Selbstorganisationen der Roma und Sintiin größerer Breite angehört werden. Es ist ein verstärkter Austausch mit Organisationen migrantischer Roma   aufzunehmen.

• die Erweiterung der Bildungs-, Veranstaltungs- und Publikationsangebote politischer Stiftungen. Über die Thematisierung von Antiziganismus im Zusammenhang mit dem Völkermord an den europäischen Roma und Sinti hinaus ist auch über gegenwärtige Formen und aktuelle antiziganistische Entwicklungen in der Bundesrepublik sowie in der EU zu informieren.

• die parteieninterne Verständigung über eine Arbeitsdefinition zum Begriff Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti als verbindlich geltende Grundlage. Äußerungen, Debatten und Entscheidungen sind entsprechend der gewählten Definition auf antiziganistische Gehalte zu prüfen.

• die Einführung eines parteiinternen Evaluationsformats. Parteiforderungen, Äußerungen von Abgeordneten etc. sind auszuwerten und antiziganismuskritisch einzuordnen, insbesondere sind hier migrations- und asylpolitische Debatten zu evaluieren.

• öffentliche Stellungnahmen der Parteien zu antiziganistischen/rassistischen Vorfällen. Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti ist als solcher zu benennen.

Politische Bewegungen und Organisationen

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

• die Aufnahme von Antiziganismus/ Rassismus gegen Roma und Sinti in die Verfassungsschutzberichte. Antiziganismus als eigenständige Form des Rassismus in Organisationen und Bewegungen ist durch die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder zu beobachten und zu beschreiben.

• die Vorlage eines Berichts über Antiziganismus im Rechtsextremismus durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat/das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die 402 Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus Erscheinungsformen des Antiziganismus im gegenwärtigen Rechtsextremismus sind darzustellen. Als Vorbild kann hier die Publikation „Antisemitismus im Rechtsextremismus“ gelten.1668

• den Schutz von Roma und Sinti und ihren Organisationen vor rechtsextremer Gewalt. Seitens der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder sind umfassende Maßnahmen zum Schutz von Einrichtungen von Roma und Sinti vor Rechtsterrorismus umzusetzen. Dazu sind unter anderem Bedrohungen, die der Polizei durch die Selbstorganisationen gemeldet werden, konsequent zu dokumentieren und zu verfolgen.

• die konsequente Strafverfolgung rassistischer Delikte gegen Roma und Sinti. Als Grundlage ist ein Kriterienkatalog für die Einordnung rassistischer/antiziganistischer Kontexte zu schaffen.

• die konsequente rechtliche Verfolgung des Tatbestandes der Volksverhetzung (§ 130 StGB) und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 i.V.m. § 194 Abs. 2 Satz 1 StGB) auch in Fällen, in denen Roma und Sinti sowie der an Roma und Sinti begangene Völkermord betroffen sind.

• die Entwicklung expliziter Angebote zur Aufklärung, Prävention und Überwindung des Antiziganismus. Diese sind im Rahmen der Programme zur Extremismusprävention des Bundes und der Länder zu fördern und umzusetzen. 1668 https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/2020/antisemitismus-im-rechtsextremismus.pdf?__ blob=publicationFile&v=7, zugegriffen am 20. März 2021.

• die antiziganismuskritische Bildung der Multiplikator_innen im Bereich der Extremismusprävention und der politischen Bildung. Die Multiplikator_innen sind über Antiziganismus als eigenständige Form des Rassismus aufzuklären. Sie sind in die Lage zu versetzen, diesen zu erkennen, zu benennen und ihm im Rahmen ihrer extremismuspräventiven und politischen Bildungsarbeit entgegenzutreten.

• die Förderung unabhängiger empirischer Forschung über die Funktionsweisen antiziganistischer Haltungen in rechtsextremen Organisationen und Bewegungen. Über kommunikations- und medienwissenschaftliche Ansätze hinaus sind im Rahmen der Gewalt-, Extremismus- und Bewegungsforschung Forschungsarbeiten zu Antiziganismus im Rechtsextremismus anzuregen und zu fördern.

• die Sicherstellung von Auskunftsansprüchen für Opfer von Hasskriminalität im Internet. Die Verfolgung von antiziganistischer/rassistischer Hasskriminalität im Netz ist als staatliche Aufgabe zu begreifen und umzusetzen.

Wir haben Genderungen durch die Volksbezeichnung „Roma und Sinti“ ersetzt. Zur Begründung:

  • Es wird auch nicht im Ursprungsbericht überall gendergerecht formuliert.
  • Der Bericht weist auf die kontroverse Diskussion zur Genderung hin.
  • Wir möchten als Volk wahrgenommen werden. Als Individuen kann uns jeder gerne in unserer Vielfalt kennenlernen.
  • Wenn es wirklich konsequent um Genderung geht, müsste man auch „Franzosen und Französinnen“ als „Femme et Homme“ formulieren. Bitte verstehen Sie diese Absurdität.
  • Wir bevorzugen generell die Verwendung einer geschlechtsneutralen Form in der Sprache des Romanes.