Der Kriminelle Zigeuner: Konstruktion und Propaganda der Nationalsozialisten

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Antiziganismus Typ II

Nationalsozialistischer Antiziganismus

Vorurteil: Kriminell

Die Zigeuner sind kriminell: Die Nationalsozialisten propagierten, dass Zigeuner eine kriminelle Natur innewohnte. Eine der zentralen falschen Überzeugungen war die pauschale Kriminalisierung der Roma und Sinti. Diese unbegründete Anschuldigung wurde verwendet, um die Gemeinschaft als bedrohlich und gefährlich darzustellen.

Die nationalsozialistische Propagandamaschinerie bediente sich eines tiefverwurzelten antiziganistischen Stereotyps, um ein Feindbild gegenüber den Roma und Sinti zu konstruieren. Dieses Stereotyp des kriminellen Zigeuners knüpfte an den bereits vorhandenen Antiziganismus Typ I an, der die Roma fälschlicherweise als „ziehende Gauner“ stigmatisierte. Aufgrund dieses weit verbreiteten Vorurteils entwickelten die Nationalsozialisten den Typ II des Antiziganismus – den Nationalsozialistischen Antiziganismus.

Die Verknüpfung der Begriffe „Ziehgauner“, „Zigeuner“ mit kriminellen Assoziationen diente dazu, die Roma und Sinti zu entfremden und zu entmenschlichen. Der Glaube, dass Kriminalität untrennbar mit der Identität der Roma verbunden sei, schürte die Vorstellung, dass die Polizei gegen sie vorgehen müsse. Zusätzlich wurde die Idee der Klan-Kriminalität geschürt, indem man behauptete, dass aufgrund der großen Verwandtschaftsnetzwerke die Roma zwangsläufig in organisierte Kriminalität verwickelt seien.

Des Weiteren wurden die Roma als Diebe, Betrüger und Gewalttäter dargestellt, was das Bild des „Asozialen“ und „Unwürdigen Lebens“ verstärkte. Diese konstruierten Stereotype hatten zur Folge, dass die Hemmschwelle sank, die Roma und Sinti als Menschen zu behandeln. Stattdessen wurden sie als kriminelle Elemente wahrgenommen, die eine bestimmte Behandlung „verdienten“.

Das letztendliche Ziel dieser perfiden Konstruktion war die systematische Entmenschlichung der Roma und Sinti, um ihre Vernichtung im Rahmen des nationalsozialistischen Völkermords zu rechtfertigen. Diese Ideologie zielte darauf ab, das Leben von Millionen von Roma und Sinti zu zerstören, indem sie sie aufgrund eines rassistisch konstruierten Feindbilds entrechtete und verfolgte. Ziel dieser rassistischen Konstruktion war es, die Hemmschwellen in der Bevölkerung abzubauen und eine systematische Vernichtung der Roma und Sinti zu rechtfertigen. Diese Ideologie fand ihren Höhepunkt in der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie, die unzählige Leben forderte und eine der dunkelsten Episoden der Menschheitsgeschichte darstellt.

Beispiele für die Umsetzung dieser Stereotype in der NS-Propaganda sind zahlreich. Plakate, Karikaturen und Schriften bedienten sich dieser Vorurteile, um die rassistische Ideologie zu verbreiten und die Ausgrenzung der Roma und Sinti zu rechtfertigen. Auch in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien wurden diese Stereotype vermittelt, um eine generationsübergreifende antiziganistische Haltung zu fördern.

Psychologische Rechtfertigung:

Die Schaffung und Verbreitung des Stereotyps vom kriminellen Zigeuner diente einer psychologischen Legitimation für die Verfolgung und Unterdrückung von Roma und Sinti während der nationalsozialistischen Ära. Dieses Vorurteil, das tief in der Gesellschaft verankert war, ermöglichte es den Menschen, die Diskriminierung und Grausamkeiten gegenüber dieser Minderheit zu rechtfertigen und zu unterstützen. Einige psychologische Aspekte trugen zur Legitimation bei:

  1. Bestätigung der Vorurteile: Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen und zu akzeptieren, die ihre bereits bestehenden Vorurteile bestätigen. Das Stereotyp des kriminellen Zigeuners spielte in die Hände derjenigen, die bereits antiziganistisch eingestellt waren. Die Nationalsozialisten nutzten diese Bereitschaft, um die Bevölkerung von der Gefahr der Roma zu überzeugen.
  2. Angst und Unsicherheit: In Zeiten sozialer und wirtschaftlicher Unsicherheit suchen Menschen nach Sündenböcken. Die Darstellung der Roma als kriminelle Bedrohung konnte bei der Bevölkerung Ängste schüren und den Bedarf nach repressiven Maßnahmen rechtfertigen.
  3. Gruppenkonformität: Die Bereitschaft, sich der Mehrheitsmeinung anzuschließen und die eigenen Überzeugungen anzugleichen, um dazuzugehören, ist ein psychologisches Phänomen. Wenn die Mehrheit der Gesellschaft den kriminellen Zigeuner als Realität akzeptiert, wird es für Einzelne schwerer, dagegen anzugehen oder sich zu widersetzen.
  4. Dehumanisierung: Das Stereotyp des kriminellen Zigeuners trug zur Entmenschlichung der Roma bei. Wenn Menschen eine Gruppe als „kriminell“ und „asozial“ wahrnehmen, wird es einfacher, diese Gruppe zu diskriminieren und grausame Handlungen zu rechtfertigen, da sie nicht mehr als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft wahrgenommen werden.

Die psychologische Legitimation der Verfolgung der Roma und Sinti durch die Schaffung des Stereotyps des kriminellen Zigeuners war ein verheerender Aspekt des nationalsozialistischen Antiziganismus. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, sich bewusst gegen Vorurteile und Stereotypen zu wehren und die Konstruktion von Feindbildern kritisch zu hinterfragen, um ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu verhindern.