Handlungsempfehlungen:Bildungssystem

Aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus mit dem Titel “ Perspektivwechsel. Nachholende Gerechtigkeit. Partizipation.“ Beauftragt durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.

Abbau von rassistischen Zugangsbarrieren im Bildungssystem

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

• die Einrichtung von unabhängigen Beschwerdestellen für alle Schulformen und in Ausbildungsbetrieben. Dies ist voranzutreiben, um Alltagsrassismus sichtbar zu machen und dagegen vorzugehen. Hierbei ist die regelmäßige und nachhaltige Dokumentation der Vorfälle von Rassismus gegen Roma und Sinti im Bildungssystem sicherzustellen.

• den Abbau von Defizitorientierungen im pädagogischen Handeln. Segregierende Formen der Beschulung in Willkommens- und Förderklassen sind zu beenden. Eltern sind aktiv einzubeziehen und deren Bildungsambitionen für ihre Kinder anzuerkennen. • die Einrichtung von Stipendienprogrammen für Schüler_innen, Auszubildende und Studierende. Diese Programme sollen Zugangsbarrieren für Roma und Sinti im gesamten Bildungsbereich gezielt abbauen und die historisch bedingte Benachteiligung ausgleichen. 236 Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus

Perspektivwechsel in Forschung und Lehrer_innenbildung

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

• die Verankerung von rassismuskritischen Inhalten in allen Lehramtsstudiengängen. Antiziganismus ist explizit aufzugreifen und für dessen Auswirkungen zu sensibilisieren. Lehrer_innen sind im Rahmen ihrer Ausbildung kontinuierlich über antiziganistischen Rassismus zu informieren, um über den Unterricht hinaus rassistisches und diskriminierendes Handeln in Kollegien und unter Schüler_innen zu identifizieren und in der Lage zu sein, angemessen zu intervenieren.

• die Thematisierung der Geschichte und Wirkung des Genozids an den Roma und Sinti Europas. Diese Inhalte sind in pädagogischen Studiengängen, insbesondere für angehende Lehrer_innen aller Fächer, ausdrücklich zum Thema zu machen.

• die Reflexion des eigenen professionellen Handelns von Lehrer_innen und Ausbilder_innen in Ausbildungsberufen, ebenso von Erzieher_innen in der frühkindlichen Bildung. Das Bewusstwerden eigener Stereotype ist durch regelmäßige Fortbildungen zu begleiten und anzuleiten, an denen Selbstorganisationen der Roma und Sintizu beteiligen sind. Wissen und Bewusstsein für die Struktur und Wirkung von antiziganistischem Rassismus ist in entsprechenden Fortbildungen zu verankern.

Didaktik mit Bewusstsein für antiziganistische Rassismuserfahrungen. Bei der Wissensvermittlung zu Antiziganismus/Rassismus gegen Roma und Sinti ist die didaktische Herangehensweise derart zu gestalten, dass auch Schüler_innen mit Antiziganismuserfahrungen einen sicheren Lernort erleben, der eine separierende Wir-Die-Gegenüberstellung vermeidet.

Repräsentation von Roma und Sinti im Bildungssystem

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

• Diversität bei der Zusammensetzung des Lehrpersonals. Hierbei sind explizit Zugänge zum Lehrer_innen- und Erzieher_innenberuf für Roma und Sinti zu schaffen. Hierauf ist bei den entsprechenden Stipendien-Programmen verstärkt zu achten.

• Repräsentation und Partizipation von Roma und Sinti in der Bildungspolitik und in Schulleitungspositionen. Um dies zu erreichen, sind auch Quotenregelungen einzuführen.

• die Beteiligung von Selbstorganisationen der Roma und Sinti bei der Entwicklung von Studien- und Fortbildungsprogrammen. Bei der Konzeption von bildungsbezogenen Studieninhalten und Fortbildungsprogrammen sind Vertreter_ innen der Selbstorganisationen zu beteiligen.

• die erziehungs- und sozialwissenschaftliche Forschung über antiziganistischen Rassismus im Bildungs- und Ausbildungssektor zu fördern, insbesondere europäisch-vergleichende Forschungsprojekte. In Lehre und Forschung ist darauf zu achten, dass Positionen an Hochschulen und Universitäten bevorzugt mit Personen mit eigenen Antiziganismuserfahrungen besetzt werden.

Wir haben Genderungen durch die Volksbezeichnung „Roma und Sinti“ ersetzt. Zur Begründung:

  • Es wird auch nicht im Ursprungsbericht überall gendergerecht formuliert.
  • Der Bericht weist auf die kontroverse Diskussion zur Genderung hin.
  • Wir möchten als Volk wahrgenommen werden. Als Individuen kann uns jeder gerne in unserer Vielfalt kennenlernen.
  • Wenn es wirklich konsequent um Genderung geht, müsste man auch „Franzosen und Französinnen“ als „Femme et Homme“ formulieren. Bitte verstehen Sie diese Absurdität.
  • Wir bevorzugen generell die Verwendung einer geschlechtsneutralen Form in der Sprache des Romanes.