Handlungsempfehlungen: Anerkennung und Entschädigung

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Aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus mit dem Titel “ Perspektivwechsel. Nachholende Gerechtigkeit. Partizipation.“ Beauftragt durch das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat.

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus empfiehlt …

der Bundesregierung, die bisherige Schlechterstellung von Roma und Sinti auf der Gesetzes- und der Umsetzungsebene in der ‚Wiedergutmachung‘ umfassend auszugleichen (→ zentrale Forderungen). Den noch lebenden Opfern muss ein Leben in Würde ermöglicht werden. Überlebende und deren Angehörige sollen ein Recht auf Überprüfung der Verfahren erhalten. Für eine Neubewertung der Ansprüche ist es notwendig, juristisch die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu ermöglichen; dabei darf den Opfern grundsätzlich nicht die Beweislast aufgebürdet werden. Im Hinblick auf die wenigen Überlebenden müssen kurzfristig die aktuell bestehenden Defizite – wie etwa die fehlende Berücksichtigung der „Festsetzung“ bei laufenden Beihilfen – behoben und Härten gegenüber Witwen und Witwern durch großzügigere (Übergangs-)Regelungen aufgefangen werden.

dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz die explizite Anerkennung einer Kollektivverfolgung von Roma und Sinti für den Zeitraum vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945. Die im Bund und den Ländern zuständigen Behörden sind ausdrücklich auf die Gültigkeit dieses Grundsatzes hinzuweisen. Dies hat nicht zuletzt einen hohen symbolischen Wert, mit dem das Täternarrativ, das nach 1945 fortwirkte, überwunden wird.

dem Bundesministerium der Finanzen die Einrichtung eines Sonderfonds für nicht in Deutschland lebende Überlebende des NS-Völkermordes an Roma und Sinti für diejenigen, die nach den gesetzlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland bisher keine oder nur geringfügige Entschädigungen erhalten haben. Eine niedrigschwellige, einmalige Anerkennungsleistung ist für alle Roma und Sinti vorzusehen, die vor der Befreiung ihres damaligen Heimat- oder Emigrationslandes von der NS-Besatzung oder von mit dem NS-­Regime kollaborierenden Regierungen geboren wurden. Diejenigen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, sollen laufende Leistungen erhalten. In den Botschaften und Konsulaten sind Ansprechpartner_innen zu benennen, die die Antragsteller_innen beraten und unterstützen.

die Zahlung einmaliger Pauschalen zur selbstbestimmten Verwendung nach dem Vorbild der „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ an die bis 1965 in Deutschland geborenen Angehörigen der Zweiten Generation der nationalsozialistisch verfolgten Roma und Sinti. Damit soll der Schaden, der den Kindern der Überlebenden durch die massive Benachteiligung in der Wiedergutmachungspraxis und den fortgesetzten Antiziganismus nach 1945 entstanden ist, ausgeglichen werden. • der intergenerationellen Weitergabe von Traumata, die durch den NS-Völkermord an Roma und Sinti verursacht wurden, größere Beachtung zu schenken. In Zusammenarbeit

mit den Communitys sind geeignete Beratungs-, Gesprächs- und Therapieangebote zu entwickeln und zu fördern.

der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft die Fortführung des Projekts „Latscho Diwes“ mit erhöhtem Budget mindestens für die nächsten fünf Jahre bei mindestens dreijähriger Laufzeit der Einzelprojekte.

Wir haben Genderungen durch die Volksbezeichnung „Roma und Sinti“ ersetzt. Zur Begründung:

  • Es wird auch nicht im Ursprungsbericht überall gendergerecht formuliert.
  • Der Bericht weist auf die kontroverse Diskussion zur Genderung hin.
  • Wir möchten als Volk wahrgenommen werden. Als Individuen kann uns jeder gerne in unserer Vielfalt kennenlernen.
  • Wenn es wirklich konsequent um Genderung geht, müsste man auch „Franzosen und Französinnen“ als „Femme et Homme“ formulieren. Bitte verstehen Sie diese Absurdität.
  • Wir bevorzugen generell die Verwendung einer geschlechtsneutralen Form in der Sprache des Romanes.